„War es schlimm, draußen, an der Front?“

„Ihr geht doch mit, Kameraden?“ – mit diesem Appell an seine Mitschüler begann die Aufführung des Stückes „Im Westen nichts Neues“, die kürzlich im Klassenzimmer der 9 b an der Realschule Durmersheim stattfand.  Im Rahmen des Deutsch- und Geschichtsunterrichtes bei Realschullehrer Hermann Schmitt hatten die Schülerinnen und Schüler das Ensemble des Jungen Staatstheaters Karlsruhe zu Gast, das mit dem Stück ein beeindruckendes und faszinierendes Theatererlebnis vermitteln konnte.  Der Ursprung liegt in dem Roman von Erich Remarque, der bereits 1928 erschienen ist.  Obwohl – oder auch gerade weil sich der Spielort einzig auf das Klassenzimmer bezog, schaffte es die Theaterschauspielerin Katharina Breier in überzeugender Weise, mit ihrem Solo-Spiel eine so dichte und intensive Atmosphäre zu schaffen, dass den Neuntklässlern die Spielzeit von 50 Minuten wie im Fluge vorüberzugehen schien. Begleitet von der Theaterpädagogin Judith Frank und von Regieassistentin Aysha Tetzner, nahm die Protagonistin ihre Zuschauer mit hinein in die Wirren und Schrecken, in den Schmerz und vielfachen Tod, den die von ihr dargestellte Figur Paul im Laufe seiner knapp vierjährigen Dienstzeit von 1914 bis zum Oktober 1918 erleiden und erleben musste. Es gelang ihr, den Schülern einen spürbaren emotionalen Zugang zu den dargestellten Figuren zu ermöglichen, die sich damals in idealistischer Weise freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hatten.  Schon in den vorangegangenen Unterrichts-stunden hatten sie sich ausführlich mit der literarischen Grundlage sowie dem Transfer hin zu gleichaltrigen Jugendlichen unserer Zeit beschäftigt , die heute Krieg erleben und erleiden müssen. Insofern konnten sie auch Aussagen wie: „Was würdest du machen, wenn jetzt plötzlich Frieden wäre?“ oder „Die ersten Minuten mit der Gasmaske entscheiden über Leben und Tod“ gut einordnen und verstehen.

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Nachdrücklich erlebbar wurde das gespielte Grauen, als alle eine Gasmaske aufsetzten und somit selbst Teil der Handlung  wurden, sich unter den Schulbänken vor den Angriffen schützten um schließlich beim Heimaturlaub von der Mutter harmlos gefragt zu werden: „War´s schlimm, draußen auf dem Feld?“  Traumatisiert berichtet Paul nichts von dem Elend und dem  Tod, dem er dort draußen täglich direkt ins Gesicht blicken muss. „Ich hätte nie auf Urlaub fahren dürfen“, so sein Resümee. Er geht zurück an die Front – und wird erschossen als er nach einem Schmetterling greift. Der Heeresbericht jenes Tages im Oktober 1918 vermeldet einzig: „Keine besonderen Vorkommnisse. Im Westen nichts Neues.“

Nach dem sehr überzeugenden Spiel von Katharina Breier saßen die Schülerinnen und Schüler noch lange zu einem gemeinsamen Gespräch mit ihr, der Theaterpädagogin und der Regieassistentin zusammen, um dabei ihre Fragen, Anregungen und besonders auch ihre Emotionen zu formulieren. Dabei erfuhren sie, dass das Ensemble etwa sechs Wochen lang täglich für dieses Stück geprobt hat, dass es etwa vier Wochen lang dauerte, bis die Schauspielerin textsicher war und die Regisseurin ebenfalls bereits einige Zeit vor den ersten Proben rund vier Wochen lang aus der Romanvorlage eine spielbare Fassung entwickelte, die etwa 50 Minuten lang dauert. Weitere inhaltliche Fragen und ein Gespräch über Kinder und Jugendliche in heutigen Kriegsgebieten rundeten diese für alle Beteiligten sehr interessante und bereichernde Begegnung ab. Abschließend bedankten sich die Realschüler mit jeweils einem Geschenk bei dem Team aus Karlsruhe.   H. Schmitt

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Bildzeile:  Das Gesicht zerstört durch Kriegsverletzungen – eine überzeugende schauspielerische Leistung bot Katharina Breier vom Jungen Staatstheater Karlsruhe in der Klasse 9b der Realschule Durmersheim. Foto: H. Schmitt