Seit mehr als 20 Jahren unterstützt die Durmersheimer Hilfsaktion „Togo-Togoville“ Kinder in dem kleinen westafrikanischen Land. Schulen wurden gebaut, Brunnen gebohrt und zahlreiche Patenschaften vermittelt. Jetzt gab es ein Novum: erstmals reisten Lehrer der Realschule Durmersheim nach Togoville, um an der dortigen Partnerschule zu unterrichten.
Marceline hat wie jeden Tag 4 Kilometer Fußmarsch bei tropischer Hitze durch den Busch hinter sich, wenn sie ihre Realschule erreicht. Die 16jährige will im nächsten Jahr ihren Abschluß machen. Ihr großer Traum: Sie möchte Hebamme werden. Doch es ist fraglich, ob ihre Eltern ihr die Ausbildung bezahlen können. Die Mutter arbeitet mit den kleinen Geschwistern auf dem Feld, der Vater in einer Kreidefabrik. Bei 6 Kindern ist das Geld knapp, der Berufswunsch wird wohl ein Traum bleiben.
Aber Marceline freut sich heute auf den Unterricht, denn zwei „Jovos“ wie die Einheimischen sagen, zwei Weiße, sind als Lehrer angekündigt. Rosi Salfeld und Petra Kohla von der Realschule Durmersheim werden zwei Mädchenklassen zu den Themen Verhütung, Hygiene und Schwangerschaft unterrichten. Unterstützt werden sie von der Ärztin Dr. Judith Koller von Dr. Axel Salfeld, einem Gynäkologen, der parallel zwei Jungenklassen betreut. Das Unterrichtsmaterial wurde zuhause vorbereitet. Alle „Jovo“-Lehrer sind auf eigene Kosten nach Togo gereist und unterstreichen damit die enge Verbindung zur Partnerschule. Im Gepäck haben sie zudem einen Scheck über 6700 Euro. Das Geld haben die Schüler der Durmersheimer Realschule mit ihrem „Togo-Lauf“ gesammelt. Für jede auf dem Sportplatz gedrehte Runde haben Familienmitglieder, Freunde und Sponsoren einen Obolus entrichtet. Zusammen mit der Summe des „Togo-Laufs“ aus dem vergangenen Jahr kann jetzt mit dem Bau eines dringend benötigten neuen Schulgebäudes für die Partnerschule in Togo begonnen werden. 18.000 bis 20.000 Euro kostet solch ein Schulhaus für drei Klassenzimmer. Dazu müssen allerdings die Eltern der Schüler vor Ort kräftig mit anpacken.
Kräftig mit anpacken wollen auch die Einwohner des weit im Busch liegenden Dorfes Ekpui-Ferme. Sie haben einen berührenden Brief an Monika Holveck, die Vorsitzende der „Hilfsaktion Togo-Togoville“ geschrieben. Ihr bisheriges Schulgebäude für die Grundschüler ist errichtet aus Lehm mit einem einfachen Strohdach. Die Klassenräume sind dadurch extrem finster. Beim Besuch der Durmersheimer Delegation wird den „Jovos“ ein unglaublicher Empfang bereitet. Ohrenbetäubender Trommellärm dazu wild tanzende Frauen und hoffnungsvolle Kinderaugen. Monika Holveck sagt sofort den dringend benötigten Bau eines Brunnens für die Schule zu, im kommenden Jahr soll dann ein festes Schulgebäude dazu kommen. Es wäre dann die Schule Nummer 24, die von der Hilfsaktion errichtet wird. Kinder, die zur Schule gehen werden nicht verkauft. Nach Erhebungen von Menschenrechtsorganisationen sind in den vergangenen Jahren 300.000 togolesische Kinder nach Ghana, Guinea oder Nigeria als Kindersklaven verkauft worden.
Dieses Schicksal droht Marceline nicht. Aber ob sie eine Ausbildung zur Hebamme beginnen darf ist mehr als ungewiß. Eine entsprechende Lehrstelle kostet Geld, zu viel Geld für ihre Familie. Der Unterricht mit den beiden Pädagoginnen aus Durmersheim hat ihr sehr gut gefallen, und obwohl sie bereits 16 Jahre alt ist, war ihr vieles was Rosi Salfeld und Petra Kohla vorgetragen haben unbekannt. Wie der weibliche Unterleib aufgebaut ist, wie man verhütet und wie man es mit der Hygiene hält.
Wie ein Lauffeuer hat sich innerhalb von wenigen Tagen an den Schulen der Region um Togoville herumgesprochen, daß da „Jovos“ einen sehr interessanten und notwendigen Unterricht angeboten haben. So gibt es bereits mehrere Anfragen, ob denn die Durmersheimer Lehrkräfte bereit wären auch an anderen Schulen diesen Unterricht durchzuführen. Dies wird dann neben dem Togolauf im nächsten Jahr die nächste Herausforderung für die Realschule Durmersheim.
Eko